Buchrezension – „Was wirklich wirkt…“ von Natalie Grams
Was wirklich wirkt – Kompass durch die Welt der sanften Medizin von Nathalie Grams
“Obendrein bestätigt die soziologische Forschung, dass die Glaubwürdigkeit auch völlig falscher Aussagen mit der Wiederholung zunimmt. Vereinfacht ausgedrückt: Man muss die Dinge nur oft genug behaupten, dann werden sie schon irgendwann geglaubt.”
“Wie wir gesehen haben, verhindern unhaltbare Versprechen, geschickt gewählte Marketingstrategien und verbissene Lobbyingarbeit eine bessere Orientierung für Patienten und Angehörige.”
Diese drei Sätze finden sich im Buch von Frau Grams und sind auf Ärzte (in Deutschland sind auch die Heilpraktiker miteinbezogen), die sich mit komplementären Behandlungsmethoden beschäftigen, gemünzt. Tatsächlich beschreiben sie passgenau die Sicht- und Arbeitsweise der Autorin und ihres Umfelds.
Natürlich handelt es sich im vorliegenden Buch um kein Fachbuch, den Charakter eines Sachbuches soll es aber doch wohl erfüllen. Es wird willkürlich und nach Belieben der Autorin in „gut“ und „schlecht“, „richtig“ und „falsch“ eingeteilt. Keine einzige der Studien, die sie erwähnt, wird als Literaturhinweis angeführt.
Als Arzt und Homöopath möchte ich mich kurz mit dem Kapitel Homöopathie beschäftigen – die Methode, die Frau Grams vor Jahren praktiziert hat und nun als Ziel Ihres abwertenden Vorgehens als „theoretisch nicht plausibles Modell” bezeichnet.
Da wird viel vom Placeboeffekt geschrieben, der in der Medizin de facto viel häufiger als angenommen auftritt.
Wenn sie schreibt, dass Homöopathen „selbst eine ausbleibende Verbesserung als Erfolg werten”, zeigt, dass sich Frau Grams schon länger nicht mehr mit dieser Methode beschäftigt hat. Es gibt genaue Richtlinien, wie ein Behandlungsverlauf zu beurteilen ist. Diese Realität passt allerdings nicht in das veraltete materialistische und pseudowissenschaftliche Weltbild der Autorin.
Natürlich fehlen darf auch nicht der ab- und aus der Luft gegriffene Vorwurf, dass „über Versuch und Irrtum das wirksame Homöopathikum gefunden werden müsse” und „wichtige Behandlungsmethoden hinausgezögert oder verhindert werden.”
Es gibt auch Positives zu finden. Den Warnhinweisen am Ende des Buches, „um Scharlatane erkennen zu können” ist zuzustimmen. Auch bei einigen Gedanken zum Gesundheitssystem, wie zum Beispiel dem Zeitmangel der Ärzte, ist Wahres dran.
Am Ende des Buches bricht die studierte Medizinerin, die seit Jahren nicht mehr als Ärztin tätig ist, sondern im Bereich der PR arbeitet (wie sie mir im Februar 2018 bei einem Kaiserschmarrnessen erklärte), auf rund 30 Seiten den Stab über so gut wie alle nicht konventionellen Therapieansätze. Sie fällt das persönliche Urteil „kurz und knapp” und behauptet fernab aller Fakten, es gebe keine Studien, daher seien die komplementären Methoden naturwissenschaftlich nicht nachweisbar und deshalb eine Gefahr für Menschen. Ein abstruser Schluss.